Heute widmen wir uns drei ernsthaften Erkrankungen, die jedes Pferd treffen können: Hufrehe, Equines Metabolisches Syndrom (EMS) und die Pituitary Pars Intermedia Dysfunction (PPID, früher auch Equines Cushing Syndrom genannt). Ich werde jede dieser Krankheiten einzeln erläutern und Dir zeigen, wie sie zusammenhängen können und was Du in Sachen Fütterung beachten solltest.
Hufrehe
Was ist Hufrehe?
Hufrehe ist eine Entzündung in der Lederhaut, die dazu führt, dass die feste Bindung zur Hornkapsel gelockert wird oder im schlimmsten Fall fast vollständig aufgelöst wird – dies kann bis zum gefürchteten Hufbeindurchbruch führen, einer Situation, in der das Hufbein durch die Sohle tritt.
Diese Vorstellung allein ist schon beängstigend, aber für das Pferd bedeutet es vor allem eines:
extremen Schmerz !!!
Ein Pferd mit akuter Hufrehe zeigt deutliche Lahmheit und Bewegungsunlust.
Mit der richtigen Behandlung lässt der akute Entzündungsprozess nach einiger Zeit nach. In einem idealen Szenario wächst dann ein gesunder Huf nach.
Aber nicht immer verläuft die Heilung reibungslos. Wenn sich die Situation nicht optimal entwickelt, entsteht der sogenannte chronische Rehehuf.
Dabei bleibt die Verbindung zwischen den Lederhäuten und der Hornkapsel dauerhaft geschädigt, was zu typischen Verformungen des Hufs führt – oft ist dabei die Zehenwand am stärksten betroffen.
Symptome
Die ersten Anzeichen, dass das Pferd an Hufrehe erkrankt ist sind
- Verstärkte Pulsation am Fesselgelenk, in ganz schlimmen Fällen auch unterhalb vom Karpal/-Tarsalgelenk
- Warme Hufe
- Geschwollener und erwärmter Kronrand
- Klammes laufen
- Wendeschmerz
- Übertriebene Trachtenfußung
- Entlastungstänzeln
- Typische Rehestellung, die Vorderbeine sind nach vorne weggestreckt und die Hinterbeine weit untergeschoben
Ursachen
Der aktuelle Stand der Forschung unterscheidet drei verschiedene Arten von Hufrehe, die unterschiedliche Ursachen haben und auf unterschiedliche Art zur Schwächung oder gar Auflösung der Lamellenschicht im Huf führen. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn dementsprechend sind unterschiedliche Therapien angebracht.
1. Endokrine Hufrehe
Die endokrine Hufrehe steht in direktem Zusammenhang mit hormonellen Störungen im Körper des Pferdes. Sie ist oft assoziiert mit Erkrankungen wie dem Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) oder der Pituitary Pars Intermedia Dysfunction (PPID), auch bekannt als Cushing-Syndrom. Bei diesen Krankheiten kommt es zu einer Dysregulation von Hormonen wie Insulin, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Entzündungen in den Lederhäuten des Hufs führt. Die endokrine Hufrehe ist eine der häufigsten Formen und kann durch eine angepasste Fütterung und ein gutes Management der Grunderkrankung oft gut kontrolliert werden.
2. Vergiftungsrehe
Vergiftungsrehe tritt auf, wenn das Pferd Substanzen aufnimmt, die toxisch wirken und dadurch eine systemische Entzündungsreaktion auslösen. Solche Toxine können beispielsweise in verdorbenem Futter, bestimmten Pflanzen oder durch Medikamente ins Pferd gelangen. Es können aber auch durch Komplikationen bei der Geburt Plazentarückstände Toxine bilden. Die Giftstoffe verursachen dann eine Schädigung im Körper, die sich unter anderem in Form von Hufrehe manifestieren kann.
3. Belastungsrehe
Die Belastungsrehe, auch mechanische Rehe genannt, wird durch physische Überlastung eines oder mehrerer Hufe verursacht. Dies kann geschehen, wenn ein Pferd zum Beispiel nach einer Verletzung das gesunde Bein übermäßig belastet oder wenn es auf hartem Untergrund intensiv gearbeitet wird. Die ungewöhnlich hohe Belastung führt zu einer Beeinträchtigung der Blutzirkulation im Huf und kann Entzündungen der Lederhaut nach sich ziehen.
Jede Art von Hufrehe erfordert eine schnelle und gezielte Behandlung durch einen Tierarzt sowie eine Anpassung des Managements und der Pflege des betroffenen Pferdes. Das Zusammenspiel zwischen Tierarzt, Hufbearbeiter und Futterberater trägt erheblich zur Heilung Deines geliebten Vierbeiners bei.
Das Wichtigste, was Du tun kannst, ist vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Viele Fälle von Hufrehe könnten vermieden werden, wenn häufige Auslöser wie Fütterungsfehler umgangen würden.
Eine bedarfsgerechte Ernährung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Richtige Fütterung bei Hufrehe
Erlaubte Futtermittel
Bei einem Pferd mit Hufrehe ist es wichtig, Futtermittel zu wählen, die arm an schnell verdaulichen Kohlenhydraten sind:
- Heu: Hochwertiges Heu sollte die Basis der Ernährung sein. Es kann notwendig sein, das Heu einzuweichen, um den Zuckeranteil weiter zu reduzieren.
- Spezielle Rehefutter: Es gibt spezielle Futterprodukte auf dem Markt, die für rehegefährdete Pferde entwickelt wurden und einen niedrigen Stärke- und Zuckergehalt aufweisen.
- Mineralstoffe und Vitamine: Eine bedarfsgerechte Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen ist wichtig. Insbesondere Zink (100 mg/100 kg Körpermasse) und Vitamin E (200–400 mg/100 kg Körpermasse) können unterstützend wirken.
- Omega-3-Fettsäuren: Diese können entzündungshemmend wirken und sind daher eine sinnvolle Ergänzung.
Verbotene Futtermittel
Vermeide alles, was reich an Zucker und Stärke ist:
- Getreidehaltiges Kraftfutter: Viele herkömmliche Kraftfutterarten enthalten hohe Mengen an Stärke.
- Melassehaltige Produkte: Melasse ist zuckerreich und sollte gemieden werden.
- Frisches Gras zu Risikozeiten: Wie bereits erwähnt, kann Gras hohe Gehalte an wasserlöslichen Kohlenhydraten wie Fruktanen enthalten.
Weidehaltung und Risikopferde
Gras kann insbesondere für Pferde mit einer Insulindysregulation (wie bei EMS) problematisch sein. Zu bestimmten Zeiten – nach kalten Nächten unter 10 °C gefolgt von sonnigen Vormittagen – können Gräser besonders hohe Fruktangehalte aufweisen. Diese Bedingungen führen dazu, dass die Gräser weniger wachsen, aber dennoch Fruktane speichern. Auch früh gemähtes, stängelreiches Gras birgt ein Risiko, da Stängel mehr Fruktane als Blätter enthalten.
Pferde mit einer Neigung zu Hufrehe sollten in solchen Zeiten nicht auf die Weide gelassen werden. Bei permanenten Problemen mit der Zusammensetzung der Weideflora sollte diese überprüft werden; gegebenenfalls müssen fruktanspeichernde Gräser zurückgedrängt werden. In manchen Fällen muss bei reheanfälligen Pferden ganz auf Weidegang verzichtet werden.
Während eines akuten Hufreheschubs sollte das betroffene Tier vorrangig Heu erhalten (1,7 kg pro 100 kg Körpermasse). Beachte jedoch, dass schwer erkrankte Pferde oft nur wenig fressen.
Wenn Du Dir unsicher bist oder Fragen hast, ziehe einen Tierarzt hinzu oder kontaktiere mich 🐴😊.
Equines Metabolisches Syndrom (EMS)
Was ist EMS?
das Equine Metabolische Syndrom (EMS) ist eine ernsthafte Erkrankung bei Pferden, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Es handelt sich um eine Stoffwechselerkrankung mit einer Störung des Insulin-, Zucker- und Fetthaushaltes.
EMS ist vergleichbar mit dem metabolischen Syndrom beim Menschen und bezeichnet eine Kombination aus verschiedenen gesundheitlichen Problemen, die das Risiko für weitere Erkrankungen erhöhen. Beim Pferd sind dies vor allem:
- Insulinresistenz: Die Zellen des Körpers reagieren weniger empfindlich auf das Hormon Insulin. Dies führt dazu, dass der Blutzuckerspiegel nach der Fütterung länger erhöht bleibt.
- Übergewicht oder regionale Fettansammlungen: Betroffene Pferde sind oft übergewichtig oder weisen spezifische Fettdepots auf, zum Beispiel am Hals (sogenannter "Kamm") oder über dem Schwanzansatz.
- Hufrehe: Eine häufige und schwerwiegende Komplikation von EMS ist die Neigung zu wiederkehrenden Hufreheschüben.
Bei welchen Rassen kommt EMS vor?
EMS kann grundsätzlich jede Pferderasse betreffen, jedoch gibt es bestimmte Rassen, die eine genetische Prädisposition zu haben scheinen. Dazu gehören insbesondere Ponys und kleinere Pferderassen wie:
- Shetlandponys
- Isländer
- Haflinger
- Morgan-Pferde
- Andalusier
- Paso Finos
Auch Warmblüter können betroffen sein, allerdings seltener als die oben genannten Rassen.
Fütterung des EMS-Patienten:
Die Diät eines EMS-Pferdes ist eine sehr schwierige Aufgabe:
- An EMS-erkrankte Pferde nehmen selbst bei kalorienarmer Fütterung häufig noch zu, beziehungsweise verlieren auch bei radikaler Diät nur sehr langsam Gewicht.
- In klinischen Studienwurde die reguläre Heu-Menge auf lediglich 25 Prozent des üblichen Bedarfs reduziert, und erst damit konnte eine zufriedenstellende Gewichtsreduktion erzielt werden.
- Da es bei zu langen Fresspausen zu Magenproblemen kommen kann, müsste die Diät nun eigentlich so gestaltet werden, dass das Pferd die deutlich reduzierte Futterration in kleinsten Portionen in regelmäßigen Abständen gefüttert bekommt, bei gleichzeitig möglichst viel Bewegung.
Ist Dein Pferd an EMS erkrankt und wurde die Diagnose durch einen Tierarzt bestätigt? Dann wende Dich gerne bei Fragen zum Fütterungsmanagement und zur Rationsgestaltung an mich 🐴😊!
Pituitary Pars Intermedia Dysfunction (PPID)
Was ist PPID?
PPID (früher auch Equines Cushing Syndrom - ECS) ist eine neurodegenerative Erkrankung, die hauptsächlich ältere Pferde betrifft. Sie ist gekennzeichnet durch eine Dysfunktion der Hirnanhangsdrüse, genauer gesagt des Zwischenlappens (Pars intermedia). Bei PPID kommt es zur Degeneration von Nervenzellen im Gehirn, ähnlich wie beim Menschen während der Parkinson-Krankheit. Diese Nervenzellen sind für die Produktion von Dopamin verantwortlich, einem Hormon, das normalerweise die Ausschüttung des Adrenocorticotropen Hormons (ACTH) aus der Hypophyse hemmt.
Häufigkeit und betroffene Pferde
Studien zeigen, dass bei Pferden über 15 Jahren mehr als 20 % an PPID erkrankt sein können. Obwohl PPID prinzipiell jedes Pferd treffen kann, tritt sie doch häufiger bei älteren Tieren auf.
Symptome von PPID
Die Symptome von PPID sind vielfältig und können sich schleichend entwickeln:
- Hufrehe: Eine häufige und schwerwiegende Komplikation.
- Störungen im Fellwechsel: Betroffene Pferde zeigen oft ein langes, lockiges Fell, das nicht jahreszeitgemäß wechselt.
- Muskelabbau: Insbesondere im Bereich des Rückens.
- Ermüdung: Die Tiere wirken oft lethargisch und leistungsschwach.
- Infektionsanfälligkeit: Eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen.
- Wundheilungsstörungen: Verletzungen heilen schlechter als gewöhnlich.
Ursachen von PPID
Die Ursache für PPID liegt in einer Störung des Gleichgewichts zwischen Dopamin und ACTH. Durch den Mangel an Dopamin wird zu viel ACTH produziert. Dies führt zu einem erhöhten Kortisolspiegel im Körper und verursacht verschiedene Stoffwechselstörungen.
Therapie und Fütterung bei PPID
Eine Therapie sollte nur nach sorgfältiger Diagnose eingeleitet werden, um sicherzustellen, dass erhöhte ACTH-Werte nicht durch andere Faktoren wie Stress oder Schmerzen bedingt sind. Medikamentös werden oft Präparate eingesetzt, die den Dopaminmangel ausgleichen sollen.
In Bezug auf die Fütterung sollten folgende Punkte beachtet werden:
Zu vermeidende Futtermittel:
- Kohlehydrate: Dazu zählen Gras, Getreideprodukte sowie Obst und Karotten wegen ihres hohen Zuckergehalts.
Empfohlene Futtermittel:
- Heu: Sollte qualitativ hochwertig sein und kann ggf. eingeweicht werden, um den Zuckeranteil zu reduzieren.
- Proteinversorgung verbessern: Luzerne oder Aminosäurepräparate können helfen, den Proteinbedarf zu decken ohne dabei den Kohlenhydratanteil zu erhöhen.
Pferde mit PPID bleiben stets Risikopatienten für Hufrehe und benötigen eine angepasste Futterration. Es ist wichtig, dass Du als Besitzer eng mit Deinem Tierarzt und Futterberater zusammenarbeitest, um Dein Pferd bestmöglich zu unterstützen.
Zusammenfassend nochmal kurz die Unterschiede zwischen EMS und PPID
Unterschiede zwischen EMS und PPID
Obwohl sowohl EMS als auch PPID das Risiko für Hufrehe erhöhen können, handelt es sich um zwei unterschiedliche Krankheitsbilder:
- EMS steht im Zusammenhang mit Stoffwechselproblemen wie Insulinresistenz und Übergewicht und tritt eher bei jungen Pferden auf.
- PPID hingegen ist eine altersbedingte hormonelle Erkrankung, die ältere Pferde ab 15 Jahren betrifft.
Beide Zustände können ähnliche Symptome wie erhöhte Anfälligkeit für Hufrehe zeigen. Bei EMS stehen jedoch Maßnahmen zur Gewichtskontrolle und Insulinsensitivität im Vordergrund. Bei PPID hingegen liegt der Fokus auf der Behandlung der hormonellen Dysregulation.
Wie können EMS und PPID zu Hufrehe führen?
Sowohl EMS als auch PPID beeinträchtigen den normalen Stoffwechsel des Pferdes. Bei EMS führt die Insulinresistenz dazu, dass Glukose nicht effektiv in die Zellen transportiert wird, was Entzündungsreaktionen im Körper auslösen kann – einschließlich der empfindlichen Strukturen im Huf.
Bei PPID sorgt das Ungleichgewicht der Hormone dafür, dass ebenfalls Entzündungsprozesse begünstigt werden können.
Fütterungsmanagement bei EMS und PPID
Bei beiden Krankheiten spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle:
- Reduziere zucker- und stärkereiche Futtermittel: Dies hilft dabei, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten.
- Erhöhe den Anteil an Ballaststoffen: Hochwertiges Raufutter sollte den Hauptteil der Diät ausmachen.
- Vermeide Überfütterung: Halte Dein Pferd schlank durch kontrollierte Futterrationen.
- Regelmäßige Bewegung: Sie unterstützt den Stoffwechsel und hilft beim Gewichtsmanagement.
- Spezielle Ergänzungsfuttermittel: Es gibt Produkte auf dem Markt, die speziell für Pferde mit EMS oder PPID entwickelt wurden.
Liebe Pferdehalter, ich hoffe dieser Beitrag hat Dir geholfen, mehr über diese ernsthaften Erkrankungen zu verstehen. Wenn Du Unterstützung bei der Erstellung eines individuellen Fütterungsplans benötigst oder weitere Fragen hast – zögere nicht mich zu kontaktieren 🐴😊!